Mindestsicherung unterstützt Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig bestreiten können
Statistiken zufolge lag die Anzahl der Mindestsicherungs- Empfänger im Kalenderjahr 2017 österreichweit bei 307853. Die durchschnittliche Bezugsdauer betrug im Schnitt mehr als ein halbes Jahr. Gemäß Bundeskanzler Kurz leben aktuell mehr als 50 % aller Anspruchsberechtigten in Wien, wovon etwa 25 % keine österreichischen Staatsbürger sind.
Seit dem Jahre 2010 existiert in Österreich die “ Bedarfsorientierte Mindestsicherung“, die seither die geregelte Sozialhilfe ersetzt.
Die Höhe der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) orientiert sich an dem Mindestregelsatz von Pensionen, der pro Monat bei 863 für Einzelpersonen € liegt. Paare bekommen einen monatlichen Betrag von durchschnittlich 1295 €.
Die Mindestsicherung dient zur finanziellen Unterstützung von Personen, die die Kosten für ihren persönlichen Lebensunterhalt nicht eigenständig decken können. Die BMS ist Ländersache. Aufgrund dessen definieren die einzelnen Länder jährlich neue Mindeststandards, die zur Deckung von Wohnbedarf und Lebensunterhalt der Bezieher eingesetzt werden.
Anspruchsberechtigte ohne Krankenversicherung werden durch die Länder versichert. Wer von der BMS den Wiedereinstieg ins reguläre Berufsleben bewältigt, muss die bezogenen Gelder nicht an die Behörden zurückzahlen.
Antragsstellung unkompliziert möglich
Anträge zum Erhalt der staatlichen Leistung können entweder bei regionalen Bezirkshauptmannschaften, dem zuständigen Magistrat oder den in Wien ansässigen Sozialzentren ( MA 40) gestellt werden.
Voraussetzungen zum Empfangen der BMS
Anspruchsberechtigt sind Menschen, die über keine hinreichende finanzielle Absicherung in Form von Einkommen, Unterhalt oder Leistungen der Sozialversicherungsträger verfügen. Wer Mindestsicherung bezieht und als arbeitsfähig gilt, muss die Bereitschaft erkennen lassen Arbeit ausführen zu wollen. Lehnen Empfänger objektiv zumutbare Arbeiten ab, zieht dies Leistungskürzungen nach sich.
In Einzelfällen kann die Leistung aufgrund dessen gänzlich gestrichen werden. Bindende Grundvoraussetzung für den Erhalt der Mindestsicherung ist ein Hauptwohnsitz in Österreich bzw. der dauerhafte Aufenthalt in der Alpenrepublik. EU- Ausländer sind ab 2019 an eine fünfjährige Wartefrist zum Erhalt der BMS gebunden.
Ausgenomen von den Regelungen zu Leistungskürzungen sind erwerbsfähige Personen, die laut Definition des “ Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes“ bereits in ein Regelpensionsalter eingetreten sind. Betreuungspflichtige Personen, die die Betreuung von Kindern in einem Lebensalter von bis zu 3 Jahren ausüben, und deshalb keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen können, sind ebenso von derartigen Sanktionierungen befreit.
Allerdings dürfen die betreuenden Personen in diesen Fällen über keine alternativen Betreuungsmöglichkeiten für das “ U 3- Kind“ verfügen. Die Maßregelungen werden zudem nicht bei Bürgern angewandt, die pflegebedürftige Angehörige versorgen. Die Angehörigen müssen hierfür mindestens der Pflegestufe 3 zugeordnet werden können.
Arbeitsfähige Personen, die schwerstkranke Kinder betreuen oder Sterbebegleitung leisten, sind von der Bestimmung ebenfalls ausgenommen. Auszubildenden, die ihre Ausbildung vor dem Eintritt ins 18. Lebensjahr aufgenommen haben, dürfen keinen Leistungskürzungen oder gänzlichen Streichungen ausgesetzt werden.
Um die bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen zu dürfen, muss bis auf spezielle Ausnahmen eigenes Vermögen bzw. Einkommen eingesetzt werden. Auf Basis der landesrechtlichen Vorschriften steht BMS- Anspruchsberechtigten ein Vermögensfreibetrag bis zu einer maximalen Höhe von rund 4000 € zu.
Gegenstände zur Erwerbsausübung müssen ebenso wie Objekte zur Befriedigung geistig- kultureller Anliegen in der Praxis nicht verwertet werden. Gleiches gilt für Fahrzeuge, die berufs- oder gesundheitsbedingt zwingend benötigt werden.
Betroffene dürfen zusätzlich einen angemessen Hausrat besitzen. Freiwillige Zuwendungen, die Anspruchsberechtigten durch die freie Wohlfahrtspflege oder Dritte zur Ergänzung ihrer Sozialhilfe zufallen, müssen nicht verwertet werden. Erreichen diese Gaben allerdings eine Größenordnung, die den Empfang der BMS unnötig werden lässt, sind die Zuwendungen zu veräußern. Pflegegeld und Leistungen auf Grundlage des “ Familienlastenausgleichfondsgesetzes“ bleiben von den Regelungen zur Mindestsicherung prinzipiell unangetastet.
Menschen, die trotz des Empfangens von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe weniger Geld zur Verfügung haben als die gesetzlichen Mindeststandards der BMS, können zusätzliche Mindestsicherungsleistungen beziehen. Betroffene dürfen in diesem Kontext über kein relevantes Vermögen verfügen.
Höhe der „Bedarfsorientierten Mindestsicherung“ ( BMS)
Ein gewöhnlicher BMS- Empfänger erhält ab dem Kalenderjahr 2019 pro Monat 863,04 €. Diese Summe entspricht der derzeitigen Höhe der sogenannten “ Ausgleichszulage“, die mit einer Art Mindestpension gleichzusetzen ist.
Sofern zwei volljährige Bürger gemeinsam in einem Haushalt leben, erhält ein BMS- Bezugsberechtigter 70 % des Richtsatzes, der bei 863,04 € festgeschrieben ist. Ab der jeweils dritten Person über 18 Jahren, steht dem Mindestsicherungs- Bezieher lediglich 45 % des Regelsatzes zu. Bei derartigen Konstellationen besteht die theoretische Möglichkeit, dass Personen untereinander unterhaltsberechtigt sind.
Die Bundesregierung gesteht den Ländern bei der Berechnung der Mindeststandards einen flexiblen Spielraum nach unten zu.
Demnach dürfen die Länder BMS- Berechtigten grundsätzlich nicht mehr als 863,04 € je Monat zahlen, weniger aber tatsächlich schon. Unterschreiten die regionalen Wohnungskosten am Wohnort des Empfängers einen gewissen Grenzwert, kann der maximale Richtsatz legal unterwandert werden.
Was ändert sich durch die Reform zur Mindestsicherung 2019 in Österreich?
Aktuelle Umfragen belegen, dass der Großteil der österreichischen Gesamtbevölkerung die Reformierung der Mindestsicherung befürwortet. Die Zustimmungsraten bewegen sich abhängig von der konkreten Detailfrage zwischen 47 % und 85 %.
Anhänger aller politischen Lager in Österreich stehen demnach hinter der Reform der Mindestsicherung. Daher stehen sowohl Vertreter von SPÖ, und Neos als auch der Grünen den Neuerungen positiv gegenüber. Politologen führen das Ergebnis auf die prinzipiell breite Unterstützerbasis der Regierungsparteien innerhalb der österreichischen Bevölkerung zurück. Ebenso begünstigt die temporäre gesellschaftliche Stimmungslage die positiven Umfrageergebnisse.
Hinreichende Deutschkenntnisse sind laut Bundeskanzler Kurz künftig der “ Schlüssel“ zum Recht auf volle Mindestsicherung. Nach Aussage von Vize- Kanzler Strache ist die Reform wegen “ explodierender Kosten“ zwingend erforderlich.
Seit 2012 sei der Anteil der Anspruchsberechtigten um 60 % angewachsen. Karitative Verbände und Organisationen sehen in der Reform eine Maßnahme, die direkt die soziale Ungerechtigkeit innerhalb Österreichs befeuert und die Kinderarmut begünstigt.
Vertretern der Volkshilfe zufolge setze die Neugestaltung der BMS eine “ Abwärtsspirale“ in Gang, die die armen Kinder der Gegenwart zu mittellosen und obdachlosen Erwachsenen der Zukunft mache.
Im Rahmen der Reform zur Mindestsicherung soll eine österreichweite Vereinheitlichung der Leistung vorgenommen werden. Der Zugriff auf Vermögen von Beziehern der Gelder bleibt weiterhin bestehen. Das Land kann sich zudem ein Pfandrecht auf das Eigenheim der Empfänger sichern. Im Zuge der Neuordnung des Systems wird die bisherige diesbezügliche Schonfrist von sechs Monaten auf 3 Jahre angehoben.
Anspruchsberechtigt sollen lediglich Personen sein, die für mindestens fünf Jahre in der Alpenrepublik gelebt haben. Alleinstehende dürfen zukünftig bis zu 35 % zu ihrer monatlichen Mindestsicherung in Höhe von 863 € dazu verdienen dürfen.
Diese Regelung ist auf ein Intervall von höchstens 12 Monaten begrenzt. Auf diese Weise sollen Anspruchsberechtigte zur Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses animiert werden und der Übergang von der Mindestsicherung in ein geregeltes Arbeitsverhältnis in der Praxis erleichtert werden.
Ergänzend sollen Behinderte, chronisch kranke Personen und Alleinstehende einen Zuschlag zu ihrem monatlichen Regelsatz erhalten. Die Mindestsicherung von Asylberechtigten, die keine objektiv ausreichenden Mindestkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen können, wird mit Abschlägen belegt.
Wer keine zureichenden Deutschkenntnisse besitzt, erhält somit 300 € pro Monat weniger. Ebenso sollen Familien mit mehreren Kindern von gestaffelten Abzügen betroffen sein.
So erhält das erste Kind kinderreicher Anspruchsberechtigter 25 % des Regelsatzes, während dem zweiten Kind 15 % zustehen. Ab dem jeweils dritten Kind liegt der Satz bei je 5 %. Kürzungen für Migranten und kinderreiche Familien, die Mindestsicherung beziehen, bilden daher die Grundpfeiler der Reform.
Ziel der Umstrukturierung ist es, die “ Zuwanderung ins österreichische Sozialsystem“ durch Asylsuchende zielgerichtet zu verhindern.
Behinderten fällt im Anschluss an die Reform ein monatlicher Bonus in Höhe von 155 € zu. Ebenso bekommen Alleinerziehende Anspruchsberechtigte einen degressiv gestaffelten Zuschlag. Diese Personengruppen profitieren somit am meisten von den Änderungen der Mindestsicherung.
Vorteile und Nachteile der Mindestsicherung in Österreich
Vorteile
- Harmonisierung der Leistungen
- Alleinerziehende und Behinderte mit Anspruch auf BMS profitieren von der Reform
- Mittellose Menschen erhalten eine Krankenversicherung
Nachteile
- Asylbewerbern wird der Zugang zur Mindestsicherung erschwert
- Benachteiligung kinderreicher Familien
- Länder dürfen Richtsatz unterschreiten