In Österreich besteht derzeit ein Nachfrageüberhang nach Adoptionen, der massiv die Wartezeiten für Adoptionswillige beeinflusst und den Konkurrenzdruck unter den potentiellen Adoptiveltern befeuert.
Laut statistischer Erhebungungen des österreichischen Familienministeriums beträgt das Verhältnis bei jedem zur Adoption freigebenden Kind 1: 10 zu Ungunsten adoptionsbereiter Paare. Auf ein Kind entfallen in der Praxis demnach durchschnittlich 10 Adoptionsanfragen bzw. 10 “ Bewerber“.
Nach Angaben des Justizministeriums wurden im Laufe des Kalenderjahres 2012 innerhalb Österreichs 265 Adoptionen minderjähriger Kinder und Jugendlicher abgewickelt. Die Anzahl der Adoptionen lag im Jahr 2013 bei 319 Fällen.
Hiervon stammten 266 Adoptierte aus Österreich, während die übrigen aus dem Ausland kamen. Die Eignung der Annehmenden wird in Österreich entweder vom regionalen Jugendamt, der Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat geprüft.
Diese Institutionen dienen als erste Anlaufstelle zu Beratung, Unterstützung und Vorbereitung für Adoptionen. Einzelpersonen und Personen mit leiblichen Kindern haben eine objektiv geringe Chance auf einen erfolgreichen Adoptionsantrag.
In Bundesländern in denen die regionalen Jugendämter die Anträge bearbeiten, beträgt die durchschnittliche Wartezeit für Adoptionen im Schnitt zwischen zwei und drei Jahren. Einige Länder legen Adoptionen in den Zuständigkeitsbereich von Bezirkshauptmannschaften. Hier fällt die Wartefrist geringfügig höher aus.
Das österreichische Recht gesteht Adoptiveltern die Möglichkeit der Elternkarenz zu, die zu Gunsten des Wahl- bzw. Adoptivkindes genutzt werden kann. Die gesetzlichen Grundlagen für Adoptionen innerhalb Österreichs bilden die Gesetzestexte der § § 191 bis 203 des ABGB; des “ Allgemeinen Bürgerlichem Gesetzbuchs“.
Abwickelung kann nur über offiziell anerkannte Träger und öffentliche Behörden vorgenommen werden
Die Prozesse dürfen lediglich von Kinder- und Jugendhilfeträgern oder zertifizierten privaten Trägern vorgenommen werden, die eine offizielle Zulassung des betreffenden Bundeslandes vorweisen können. In Österreich entstehen während einer Adoption grundsätzlich keine Kosten für Adoptionswillige.
Das Erheben von Gebühren ist rechtswidrig und verstößt gegen die Verfassung der Alpenrepublik. Private Vermittler, die eine vermeintlich “ schnelle bzw. unbürokratische Hilfe“ versprechen, sind als unseriös einzuordnen.
Der Adoptionsprozess wird mittels eines schriftlichen Vertrages zwischen Adoptivkind und Annehmenden fixiert. Dieses Dokument muss zwingend gerichtlich bewilligt werden, um Rechtsgültigkeit zu erlangen. Das örtliche Pflegschaftsgericht entscheidet über die Bewilligung des Vertrages. Im Vorfeld führt die Justiz relevante Anhörungen der Beteiligten durch und prüft eingehend sämtliche Adoptionsvoraussetzungen.
Verträge werden generell ausschließlich bewilligt, wenn die leiblichen Eltern minderjähriger Adoptivkinder, das Wahlkind und der Ehegatte oder eingetragene Partner des Annehmenden dem Verfahren zustimmen. Ist das Kind verheiratet, muss zudem das Einverständnis des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners eingeholt werden. Das Kindeswohl steht im bedingungslosen Zentrum der Entscheidungsfindung des Gerichtes.
Zwingende Voraussetzungen für eine Adoption in Österreich
Unbedingte Grundvoraussetzung für eine gerichtliche Zustimmung zum Verfahren ist die Ansicht des Gerichtes, dass zwischen beiden Parteien langfristig eine Beziehung etabliert werden kann, die dem Verhältnis von leiblichen Eltern und Kindern entspricht. Bei volljährigen Wahlkindern muss eine vertraute kindschaftsähnliche Beziehung erkennbar sein. Volljährige können somit nur angenommen werden, wenn die Adoption sittlich gerechtfertigt ist.
Eigenberechtigte Kinder in einem Lebensalter von über 18 Jahren, müssen für ein Intervall von mindestens 5 Jahren mit dem Annehmenden in einem Haushalt oder einer häuslichen Gemeinschaft gelebt haben.
Diese Zeitspanne wendet die Justiz allerdings als “ Richtschnur“ an. Abweichungen von derartigen Fristen sind daher in der Praxis möglich.
Außerdem darf der Prozess in keinem Missverhältnis zu “ überwiegenden Anliegen“ leiblicher Kinder des Adoptivwilligen stehen. Die Adoption darf deshalb nicht die Erziehung leiblicher Kinder negativ beeinträchtigen oder deren Unterhalt akut gefährden. Eventuelle wirtschaftliche Interessen biologischer Kinder werden in diesem Kontext nicht berücksichtigt.
Die Wahleltern müssen nach österreichischem Rechtsverständnis ein Mindestalter von 25 Jahren vorweisen können. Das Höchstalter für Adoptiveltern kennt keine offiziell determinierte Altersgrenze. Tatsächlich setzen die Bundesländer spezielle Altersgrenzen nach oben fest, die Adoptionsverfahren ab einem individuellen Lebensalter der potentiellen Wahleltern negativ beeinflussen.
Häufig liegt die Altersobergrenze für Adoptionsverfahren bei rund 40 Jahren. Offiziell geben die Behörden an, dass das Wahlkind im Verhältnis zu dem Annehmenden lediglich älter sein muss. In der Realität gilt ein ausgeprägter Altersabstand zwischen beiden Parteien häufig als KO- Kriterium für den Adoptionsantrag. Bis zum Beginn des Kalenderjahres 2016 mussten Annehmende von Volljährigen mindestens 16 Jahre älter als das jeweilige Wahlkind sein. Seit 1. Januar 2016 ist diese Regelung hinfällig.
Gemäß derzeitiger österreichischer Gesetzeslage dürfen Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner maximal ein gemeinsames Wahlkind annehmen. Einzelne Abweichungen sind gesetzlich geregelt. In Verbindung mit nichtehelichen Lebensgemeinschaften kann nur ein Partner eine Adoption vornehmen. Alleinstehenden fällt ebenso das Recht auf das Annehmen von Wahlkindern zu. Potentielle Adoptiveltern müssen aktiv ihre Einwilligung zum Verfahren geben.
Ferner müssen potentielle Adoptiveltern gute und anhaltend stabile wirtschaftliche, gesundheitliche und soziale Rahmenbedingungen darbieten können. Zusätzlich sind Staatsbürgernachweise aller involvierten Parteien darzulegen. Einverständniserklärungen zukünftiger Geschwisterkinder und biologischer Eltern runden zusammen mit einer Vollmacht der leiblichen Elternteile die Dokumente ab. Besitzen die jeweiligen Parteien akademische Grade, sind auch hierfür Nachweise vorzubringen.
Meldebestätigungen können auf Wunsch durch Abfragen der Behörden im “ ZMR“ (Zentralen Melderegister) ersetzt werden.
Notwendige Dokumente für eine Adoption
Ist das Wahlkind nicht eigenberechtigt, wird die Abwickelung bzw. Zustimmung zum Adoptionsvertrag durch den jeweiligen gesetzlichen Vertreter vorgenommen.
Für das Verfahren müssen unbedingt aktuelle beglaubigte Abschriften aus dem Geburtenbuch des Wahlkindes sowie der biologischen und Adoptiveltern vorgelegt werden. Heiratsurkunden oder offizielle Beglaubigungen aus den Ehebüchern leiblicher Eltern und Annehmenden ergänzen die Unterlagen. Meldebestätigung der biologischen Eltern und der Adoptiveltern in spe sind ebenso zwingend für die Abwickelung des Verfahrens notwendig.
Wien ist österreichweit die Hochburg für Adoptionen
Wien gilt österreichweit als Bundesland mit der verhältnismäßig höchsten Anzahl an Adoptionen. Im Zuge des Jahres 2013 wurden in Wien 32 Adoptionen durchgeführt. Kenner führen die relativ hohe Rate darauf zurück, dass Adoptivkinder überdurchschnittlich häufig einen Migrationshintergrund besitzen, der in der Metropole oft zu finden ist.
Regelungen sind “ Ländersache“
Die Regelungen zum Adoptionsprozess werden als “ Ländersache“ eingeordnet. Deshalb existieren de facto maßgebliche Unterschiede bezüglich der einzelnen Bestimmungen zu Adoptionen. Nach österreichischer Rechtsprechung greift bei Adoptionen keine offiziell festgesetzte Altersgrenze für die “ Bewerber“. Gemäß Auswertungen von Familienrechtsexperten sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Adoption mit dem zunehmenden Alter der Bewerber tatsächlich ab. Das Lebensalter der potentiellen Adoptiveltern ist kein alleiniges Kriterium für eine Eignung bzw. Nichteignung der Antragssteller.
Ergänzend berücksichtigen die zuständigen Behörden den maximalen Altersabstand zwischen Kind und Bewerbern. Grundsätzlich muss dieser ein natürliches Eltern- Kind- Verhältnis ermöglichen. In Tirol können sich Adoptionswillige lediglich bis zu einem Lebensalter von höchstens 40 Jahren in eine Vormerkliste eintragen lassen, wobei eine Adoption auch noch im Anschluss an eine Wartezeit realisiert werden kann. Im Gegensatz dazu setzen niederösterreichische Ämter die diesbezügliche Obergrenze bei 45 Jahren für Eltern in spe an.
Die Hauptstadt Wien berücksichtigt trotz fehlender Gesetzesvorschrift ausschließlich verheiratete Paare bei Adoptionsverfahren. Aufgrund der hohen Nachfrage können sich die zuständigen Jugendämter die Bewerber aussuchen. Obwohl die Gesetzeslage Adoptionen durch Singles erlaubt, finden selbige in der Praxis relativ selten Anwendung.
Wartelisten werden nicht immer einer chronologischen Abarbeitung unterzogen
Wartelisten für Adoptionen werden in Österreich nicht immer chronologisch abgearbeitet. In zahlreichen österreichischen Bundesländern ist die Einlage der individuellen Pflegebewilligung entscheidend für die Reihung auf der Warteliste.
Die Jugendämter in Wien orientieren sich an anderen Maßstäben. Demnach fügt die Behörde sämtliche Informationen zu den Adoptionsanwärtern in einen “ Bewerberpool“, der umfassend über die mutmaßliche Komptabilität von Eltern und Kind informiert.
Erfahrungsberichten Betroffener zufolge mündet diese Praxis im Extremfall in einer peniblen Auswahl der Bewerber anhand äußerer Merkmale. Somit kann die jeweilige Haarfarbe von Kindern und Adoptionswilligen als zusätzliches Auswahlkriterium in den Entscheidungsprozess einfließen. In Wien sind 2/3 aller Adoptionen “ offen“. In diesen Fällen pflegen biologische und soziale Eltern Kontakt.