Pflegegeld ermöglicht Hilfsbedürftigen Betreuung und Pflege in Anspruch nehmen zu können
Pflegegeld ist ein Instrument, das pflegebedürftigen Personen die Möglichkeit sichert notwendige Hilfe und Betreuung in Anspruch nehmen zu können. Über das Pflegegeld werden pflegebasierte Mehraufwendungen pauschal abgedeckt.
Das Geld dient als finanzielle Absicherung und soll hilfs- bzw. pflegebedürftigen Personen zielgerichtet ermöglichen ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Auszahlung des Pflegegeldes übernehmen in Österreich nach den Bestimmungen des Bundespflegegeldgesetzes ( BPGG) die Pensionsversicherungsträger.
Ein Antrag auf Pflegegeld im Sinne des Bundespflegegesetzes kann bei den Versicherungsträgern “ AUVA“, “ BVA“, “ PVA „, “ SVA“, “ SVB“ und “ “ VAEB“ gestellt werden.
Die Auszahlung des Geldes erfolgt am Ende eines jeden Kalendermonates. Das Pflegegeld bleibt vom Abzug von Lohnsteuer bzw. Krankenversicherungsbeiträgen unberührt.
In Einzelfällen sind zudem Unfallversicherer für diesbezügliche Zahlungen zuständig. Allerdings gebühren Pflegegeldzahlungen durch Unfallversicherungsträger lediglich Empfängern einer Vollrente. Nach dem in Unfallversicherungen gültigen Amtswegigkeitsprinzips wird das Verfahren zur Prüfung der Anspruchsberechtigung auf Vollrente automatisch von der Versicherung eingeleitet.
Diese Praxis bezieht sich ausschließlich auf die erstmalige Gewährung der Rente. In diesem Fall ist keine Antragsstellung des Betroffenen notwendig. Werden im Nachgang Faktoren erkennbar, die den Bedarf nach einer Erhöhung des Pflegeaufwandes auslösen, müssen Betroffene einen Antrag stellen.
Der Anteil der Bundespflegegeldempfänger wächst österreichweit stetig an
Seit der Einführung des Pflegegeldes im Kalenderjahr 1993 steigt die Anzahl der Anspruchsberechtigten kontinuierlich an. Aufgrund der demographischen Entwicklung in Österreich wird sich dieser Prozess weiter fortsetzen. Statistiken zufolge bezogen im November 2018 461890 Menschen in Österreich Bundespflegegeld. Demnach erhielten rund 5 % der österreichischen Bevölkerung Bundespflegegeld.
Die rechtliche Basis hierfür bildet das Bundespflegegeldgesetz ( BPGG) , das die Auszahlung der Gelder strikt reglementiert. Das in Juli 1993 etablierte Pflegegeld wird gemäß des individuellen Pflegebedarfes der hilfs- und pflegebedürftigen Person ausbezahlt.
Die persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der einzelnen Bundespflegegeldempfänger sind in diesem Kontext nicht ausschlaggebend. Ausschließlich der konkrete Pflegegrad der gesundheitlich beeinträchtigten und hilfsbedürftigen Person beeinflusst die Höhe des Pflegegeldes.
Der monatliche Pflegebedarf, gemessen in Zeitstunden, bestimmt über die Pflegestufe
Nach den Regelungen des Bundespflegegeldgesetzes existieren 7 Pflegestufen, die sich hinsichtlich ihrer spezifischen Kriterien unterscheiden. Prinzipiell gilt die Faustformel; je höher der monatliche Pflegebedarf, desto höher die Pflegestufe.
Pflegegeld Stufen in Österreich im Überblick
Wenden pflegende Angehörige oder ehrenamtlich Pflegende pro Monat mindestens 65 Stunden für die Pflege Hilfs- bzw. Pflegebedürftiger auf, fallen diese Tätigkeiten unter die Pflegestufe 1. Liegt der monatliche Aufwand für die Unterstützung unter diesem Richtwert, existiert kein Anspruch auf Bundespflegegeld.
Die Pflegeintensität, die gemäß Skalierung der Pflegstufen in Zeitsunden pro Monat gemessen wird, wird durch die medizinische Begutachtung eines Mediziners oder einer examinierten Pflegfachkraft festgestellt.
Hierfür findet eine Besichtigung des Hilfsbedürftigen in seinem gewohnten Umfeld statt. Demnach wird der Termin wahlweise bei Betroffenen daheim, im Pflegeheim oder Krankenhaus abgehalten.
Der Termin wird im Vorfeld der Begutachtung schriftlich angekündigt. Der zuständige Mediziner oder die diplomierte Pflegekraft treten als Sachverständige auf, die den Zustand des Pflegebedürftigen analysieren und den tatsächlichen Pflegebedarf im konkreten Einzelfall ermitteln müssen. D
er ausführende Sachverständige informiert sich bei dem Hilfsbedürftigen über dessen individuellen Betreuungs- und Hilfebedarf. Ergänzend führt der Sachverständige ein Gespräch mit der Hauptbetreuungsperson durch.
Abschließend nimmt die medizinische Fachkraft eine umfassende Untersuchung des Patienten vor und erhebt eine detaillierte Anamnese. Im Rahmen eines Gutachtens werden die jeweiligen Ergebnisse schriftlich festgehalten. Abschließend eruiert der zuständige Gutachter den notwendigen Pflegebedarf des Patienten. Zur Entscheidungsfindung dient das angefertigte medizinische Gutachten.
Auf Wunsch des Patienten darf während Begutachtung und medizinischer Untersuchung eine Vertrauensperson zugegen sein, die ebenso angehört werden kann. Die vertraute Person kann den Sachverständigen im Zuge dessen mit Informationen zur expliziten Pflegesituation versorgen.
Wird der Termin in einer stationären Einrichtung durchgeführt, müssen Angaben des Pflegepersonals sowie Pflegedokumentationen in das Gutachten eingeflochten werden. Selbiges gilt bei der Pflege durch ambulante Anbieter.
In Österreich wird die Entscheidung über gebührende Pflegestufen als Rechtsfrage klassifiziert, die entweder der zuständige Sozialversicherungsträger oder ein Gericht trifft.
Voraussetzungen, um Pflegegeld zu erhalten
Grundvoraussetzung für die Gewährung der Pflegestufe 1 ist ein Pflegebedarf von mehr als 65 Stunden je Monat. Übersteigt der monatliche Pflegeaufwand die Obergrenze von jeweils 95 bzw. 120 Stunden, löst dies den Anspruch auf Pflegestufe 2 bzw. 3 aus. Benötigen Pflegende während eines Monats mehr als 160 Stunden für die Betreuung und Unterstützung, erfüllt dies die Kriterien der Pflegestufe 4.
Für eine Einordnung in Pflegestufe 5, sind minimal 180 Stunden je Monat für Pflegemaßnahmen aufzuwenden. Zusätzlich muss in Verbindung mit der Pflege ein objektiv außergewöhnlicher Aufwand erkennbar sein. Eine hilfsbedürftige Person wird in Pflegestufe 6 eingestuft, wenn der monatliche Pflegebedarf ein Volumen von 180 Stunden übersteigt und der Hilfsbedürftige tags und nachts bzw. durchgängig betreut werden müssen.
Die permanente Anwesenheit ist in diesen Fällen zwingend erforderlich, um Eigen- und Fremdgefährdungen durch den Patienten ausschließen zu können. Die Merkmale der Pflegestufe 7 sind erfüllt, wenn Pflegebedürftige ihre 4 Extremitäten nicht mehr funktional nutzen können und der Pflegeaufwand ein Zeitfenster von monatlich mindestens 180 Stunden abdeckt.
Neben dem monatlichen Pflegeaufwand von minimal 65 Stunden, zählen psychische, körperliche und geistige Behinderungen, die den Bedarf nach einer stetigen Betreuung bzw. Hilfe auslösen, als Voraussetzungen für das Anrecht auf Pflegegeld.
Derartige Beeinträchtigungen müssen sich über ein Zeitfenster von mindestens 6 Monaten manifestieren. Um die finanzielle Unterstützung empfangen zu dürfen, müssen Hilfsbedürftige ihren Hauptwohnsitz in Österreich, der Schweiz oder dem “ Europäischen Wirtschaftsraum“ unterhalten.
Anträge bezüglich einer Pflegeeinordnung oder Pflegeerhöhung nach Vorschriften des Bundespflegegesetzes können bei “ AUVA“, “ BVA“, “ PVA“, “ SVA“, “ SVB“ sowie der “ VAEB“ eingereicht werden. Diesbezügliche Formulare können unentgeltlich über die Internetpräsenz des Bundeskanzleramtes heruntergeladen werden. Diese sind vollständig auszufüllen und den entsprechenden Versicherungsträger zu übersenden.
Höhe des Pflegegeldes
In der Pflegestufe 1 entspricht das monatliche Pflegegeld einer Summe von 157,30 €. Anspruchsberechtigten, die der Pflegestufe 2 zuzuordnen sind, erhalten je Monat 290 €. Während Bundespflegegeldbezieher der Pflegestufe 3 jeweils 451,80 € je Kalendermonat empfangen, fällt Pflegebedürftigen der Pflegestufe 4 pro Monat eine Summe von 677,60 € zu. Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes für Personen der Pflegestufe 5 liegt bei 920,30 €.
Das monatliche Pflegegeld der Pflegestufe 6 beträgt 1285,20 €. Anspruchsberechtigte, die die Voraussetzungen der Pflegestufe 7 erfüllen, erhalten zwölfmal pro Jahr eine Zahlung von jeweils 1688,90 €. Bei sämtlichen der aufgeführten Summen handelt es sich um Nettobeträge.
Im Zuge von Krankenhaus- oder Kuraufenthalten des Pflegebedürftigen ruht das individuelle Pflegegeld grundsätzlich ab dem jeweils zweiten Tag.
Diese Regelung greift, sofern ein Großteil der in diesem Kontext entstehenden Kosten von Sozialversicherungsträgern, dem Bund, Landesgesundheitsfonds oder Krankenfürsorgeanstalten geleistet wird. Unter speziellen Voraussetzungen können die Pflegegeldzahlungen während des Aufenthaltes fortgesetzt werden. Hierfür ist eine Antragsstellung des Beziehers erforderlich.
Pflegegeld für Kinder und Jugendliche
Kinder und Jugendliche erhalten abhängig von ihrem persönlichen Pflegebedarf Pflegegeld gemäß ihrer Einstufung in den Pflegestufen 1 bis 7.
Seit 1. Januar 2009 ist die intensive Pflege von Kindern und Jugendlichen, die unter einer Schwerstbehinderung leiden, mit einem ergänzenden Erschwerniszuschlag belegt.
Ein Anspruch auf diesen pauschalisierten Zuschlag besteht, wenn Betroffene aufgrund ihrer schwerwiegenden Behinderung mindestens zwei schwere Funktionsstörungen aufweisen. Die funktionalen Störungen müssen behinderungsbedingt voneinander unabhängig auftreten.
Umfasst der Pflegeaufwand für ein Kind in einem Lebensalter von bis zu 7 Jahren monatlich 50 Zeitstunden, besteht Anspruch auf den Erschwerniszuschlag. Beansprucht die Pflege schwerstbehinderter Kinder in einem Alter zwischen 7 und 15 Jahren mindestens 75 Stunden je Monat, löst dies den Bedarf nach dem Erschwerniszuschlag aus.
Laut Vorschriften des Bundespflegegeldgesetzes darf zur Beurteilung des Pflegebedarfs von Schwerstbehinderten bis zu einem Alter von 15 Jahren nur das Ausmaß der Pflegeleistungen berücksichtigt werden, die tatsächlich über das übliche Maß von gleichaltrigen nicht Behinderten hinausgeht. Um eine verbindliche Rechtssicherheit und uniformierte Maßstäbe zu etablieren, normiert die “ Kinder – Einstufungsverordnung“ ( Kinder- EinstV) Vorschriften, die zur Diagnose des Pflegebedarfs von Minderjährigen bzw. Kindern und Jugendlichen dient.
Vorteile und Nachteile des Pflegegeldes in Österreich
Vorteile
- Transparente Kriterien zur Beurteilung der Pflegestufe
- Erschwerniszuschlag für schwerstbehinderte Kinder und Jugendliche kann beantragt werden
- Pflegegeld ermöglicht Hilfsbedürftigen ein selbstbestimmtes Leben
Nachteile
- Pflegeaufwand von unter 65 Stunden je Monat wird nicht gebührend berücksichtigt