Was ist die Geringfügigkeitsgrenze?
Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung dürfen die offiziell festgesetzte Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten. Dieser Richtwert ist an eine jährliche Aufwertung durch die österreichischen Behörden gebunden.
In die Geringfügigkeitsgrenze wird regelmäßig die aktuelle Inflationsrate miteingepreist. Der Begriff „ geringfügige Beschäftigung“ stammt aus dem Sozialversicherungsrecht.
Personen deren Einkünfte aus nicht- selbstständiger oder selbstständiger Arbeit unterhalb der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze von 446,81 € liegen, stehen in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis.
Entsprechende Dienstnehmer müssen laut gesetzlichen Vorgaben weder Sozialversicherungsbeiträge noch Lohnsteuer entrichten. Geringfügige Arbeitsverhältnisse werden ausschließlich durch die tatsächliche Einkommenshöhe definiert. Die Stundenanzahl der Beschäftigung ist deshalb in diesem Kontext nicht maßgeblich.
Wie hoch ist die monatliche Geringfügigkeitsgrenze im Jahr 2019?
Im Kalenderjahr 2019 liegt die Geringfügigkeitsgrenze in Österreich bei einem Richtwert von monatlich 446,81 €.
Erzielen Bürger durch ihr jeweiliges Beschäftigungsverhältnis kein höheres monatliches Entgelt als diesen verbindlich determinierten Kennwert, gehen sie einer geringfügigen Beschäftigung nach. Derartige Arbeitsverhältnisse werden als „ Minijobs“ klassifiziert und sind mit speziellen sozial- und arbeitsrechtlichen Besonderheiten verknüpft.
Wer eine geringfügige Beschäftigung ausübt, ist vorbehaltlos von der herkömmlichen Versicherungspflicht bei Arbeitsverhältnissen befreit. Werden geringfügig Beschäftigte von ihrem Arbeitgeber bei der zuständigen Gebietskrankenkasse angemeldet, muss der Dienstgeber für den Angestellten Beiträge zur Unfallversicherung leisten. S
ämtliche geringfügig Beschäftige sind unfallversichert, verfügen aber über keine Arbeitslosenversicherung. Laut Definition des Sozialrechts sind geringfügige Beschäftigungen als abgabeprivilegierte Modelle einzuordnen, da das Entgelt Brutto wie Netto ausbezahlt wird.
Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld werden seitens der Behörden gesetzlich nicht als Entgelt eingestuft. Derartige Zugewinne fließen nicht in die Berechnung des monatlichen Entgeltes ein.
Das Abgabeprivileg der geringfügigen Arbeit ist tatsächlich arbeitspolitisch motiviert. Demzufolge soll die Beschäftigung im Idealfall eine Brückenfunktion zum regulären Arbeitsmarkt darstellen und Arbeitnehmer der „ Minijobs“ langfristig in ein klassisches Arbeitsverhältnis überführen.
Statistische Erhebungen von Arbeitsmarktforschern belegen allerdings, dass geringfügige Beschäftigung verhältnismäßig selten in ein klassisches Arbeitsverhältnis mündet und primär den Niedriglohnsektor nachhaltig befeuert. Das Arbeitsmodell kann aufgrund dessen zur beruflichen Sackgasse werden.
Notstandshilfeempfänger dürfen ebenfalls legal einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis nachgehen ohne deshalb Abzüge bei ihrer Ersatzzahlung erwarten zu müssen.
Zum 1. Januar 2017 wurde die bis zu diesem Zeitpunkt gängige Differenzierung zwischen monatlicher- und täglicher Geringfügigkeitsgrenze abgeschafft. Seither formuliert der monatliche Kennwert einheitlich die Obergrenze für geringfügige Einkommen in Österreich.
Unterschreiten Arbeitnehmer den monatlich festgeschriebenen Festbetrag, weil sie ihr individuelles Beschäftigungsverhältnis während eines laufenden Kalendermonates angetreten haben, liegt de facto keine geringfügige Beschäftigung vor. Gleiches gilt, sofern das Arbeitsverhältnis im Zuge eines angebrochenen Montes endet oder unterbrochen wird. In derartigen Fällen sind die Betroffenen grundsätzlich weiterhin an die gesetzliche Versicherungspflicht gebunden.
Die Geringfügigkeitsgrenze findet prinzipiell keine Anwendung bei Auszubildenden und Kurzarbeitern. Ebenso besitzt die Geringfügigkeitsgrenze keine Relevanz für Hausbesorger, die ihr Dienstverhältnis vor Juli 2000 aufgenommen haben. Für Hausbesorger gilt der Richtwert lediglich für das Zeitfenster ihres jeweiligen Karenzurlaubs sowie während des Beschäftigungsverbots im Sinne des österreichischen Mutterschutzgesetzes.
Aktuelle Rechte geringfügig Beschäftigter
Die Dienstnehmer können die gleichen identischen Arbeitsansprüche gegenüber ihrem jeweiligen Arbeitgeber geltend machen wie Teil- und Vollzeitbeschäftigte. Demnach besitzen Betroffene ein Urlaubsrecht, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Falle von Krankheit, ein Pflegefreistellungsrecht sowie einen Anspruch auf Abfertigung. Zudem ist der Dienstgeber gesetzlich dazu verpflichtet vertraglich festgelegte Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld an die Angestellten auszuzahlen.
Ergänzend gebührt den Arbeitnehmern Feiertagsentgelt. Fällt ein gewöhnlicher Arbeitstag auf einen offiziellen Feiertag, erhält der Beschäftigte demnach das exakte Entgelt, das er de facto bekommen hätte, sofern er an diesem Kalendertag regulär gearbeitet hätte.
Seit Januar 2018 gilt für geringfügig Beschäftigte, die einen unbefristeten Arbeitsvertag besitzen, eine längere Kündigungsfrist. Demnach beträgt die Kündigungsfrist für den betreffenden Arbeitgeber 6 Kalenderwochen.
Missachtet der Dienstgeber diese verbindliche Frist, löst dies den Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung durch den Arbeitgeber aus. Die Ersatzzahlung bzw. Entschädigung entspricht explizit dem Betrag, den der Gekündigte im Zuge der regulären Kündigungsfrist in der Praxis verdient hätte.
Strebt der Angestellte eine eigenmächtige Kündigung an, muss der geringfügig Beschäftigte eine mindestens einmonatige Kündigungsfrist einhalten. Bei etwaigen Zuwiderhandlungen des Angestellten erlischt die Ambition auf die Abgeltung offenstehender Urlaubsansprüche.
Was passiert beim Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze?
Wer im Kalenderjahr 2019 pro Monat ein höheres Entgelt erzielt als jeweils 446,81 €, ist verpflichtend voll bzw. ganzheitlich sozialversichert. Wird die offizielle Geringfügigkeitsgrenze überschritten, sind zwingend Beiträge zu Pensions-, Kranken-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung zu entrichten. Diese sind in Form von Pauschalbeträgen zu leisten.
Unterhalten Angestellte mehrere Arbeitsverhältnisse, werden die diesbezüglichen Einkünfte gemäß ASVG addiert. In die Berechnung fließen Einkünfte aus allen Beschäftigungsverhältnissen ein, die bei der zuständigen Gebietskrankenkasse registriert sind.
Ergibt das Rechenmodell ein monatliches Entgelt, das über der derzeitigen Geringfügigkeitsgrenze einzuordnen ist, ist der jeweilige Dienstnehmer unfall-, kranken- und pensionsversichert. Eine Arbeitslosenversicherung besteht bei geringfügig Beschäftigten prinzipiell nicht.
Eine entsprechende Selbstversicherung ist nicht möglich. Die zu entrichtenden Versicherungsbeiträge werden zu Beginn des Folgejahres von der Gebietskrankenkasse festgesetzt. Detaillierte Informationen zu der konkreten Vorgehensweise sind bei der betreffenden Kasse zu erfragen.
Entgelte aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen nach Bestimmungen des ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) und Bezüge im Sinne des „ Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes“ ( B- KUVG) werden nicht aufaddiert.
Geringfügig Beschäftigte haben die Option auf eine freiwillige Kranken- und Pensionsversicherung
Dienstnehmer, die vertraglich an ein geringfügiges Arbeitsverhältnis gebunden sind, können laut den Vorgaben von ASVG und B- KUVG eine freiwillige Pensions- und Krankenversicherung abschließen. Für einen monatlichen Betrag in Höhe von 63,07 €, erhalten geringfügig Beschäftigte nach Regelungen von ASVG die Möglichkeit für eine Selbstversicherung. Versicherte gemäß B- KUVG müssen pro Monat 63,38 € entrichten, um sich eigenständig in der Kranken- und Pensionsversicherung zu versichern. In diesem Rahmen haben Betroffene einen rechtsgültigen Anspruch auf Wochen- und Krankengeld.
Freiwillig Selbstversicherte erwerben pro Monat, die sie der geringfügigen Beschäftigung nachgehen, einen jeweils vollen Versicherungsmonat. Dieser wird in der Kranken- bzw. Pensionsversicherung als gänzlicher Beitragsmonat gezählt.
Das Beschäftigungsmodell „ Minijob“ in Österreich…
Statistiken des „ Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger“ beweisen, dass die Anzahl der „ Minijobber“ österreichweit kontinuierlich wächst. Zwischen den Kalenderjahren 1987 und 2011 ist der Anteil der geringfügig Beschäftigten in Österreich um fast 50 % gestiegen.
Laut Soziologen und Arbeitsmarktexperten ist diese progressive Entwicklung auf die kollektive Verschlechterung der individuellen Lebensumstände der österreichischen Bevölkerung zurückzuführen. Stetig steigende Lebenshaltungskosten und eine anhaltende Inflation verursachen finanzielle Engpässe bei einem Großteil der in Österreich lebenden Bevölkerung. Demnach verfügen verhältnismäßig viele Menschen über ein individuelles Einkommen, das in der Realität nicht zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse ausreicht.
Um ihre finanzielle Situation nachhaltig aufzubessern, nehmen Betroffene relativ häufig eine geringfügige Beschäftigung an. Nach Angabe von Soziologen versteht ein Großteil der Bevölkerung das Beschäftigungsmodell „ Minijob“ als Zuverdienst, um das eigene subjektiv nicht ausreichende Einkommen aufzustocken. Ende des Jahres 2012 übten österreichweit 162500 Personen einen Nebenjob aus. Rund 25 % dieser Zweitbeschäftigten waren Akademiker.
Mit einem Anteil von 20 % waren Nebenerwerbslandwirte in dieser Personengruppe ebenfalls übermäßig oft vertreten. Wie hoch hierbei der Anteil der geringfügig Beschäftigten lag, kann lediglich gemutmaßt werden. Diesbezügliche Daten wurden in diesem Kontext nicht erfasst. Nach Aussage von Experten nehmen Arbeitgeber primär aus purer Not geringfügige Beschäftigung auf.
Der Großteil der Minijobber besitzt keine Sozialversicherung. Statistiken belegen, dass im Jahre 2012 lediglich 15 % aller geringfügig Beschäftigten in Österreich über eine Sozialversicherung verfügten. Diese Personen übten vorwiegend mehrere Tätigkeiten unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze aus und empfingen parallel Transferleistungen in Form von Pension oder Sozialleistungen. Nach Einschätzung von Spezialisten ist geringfügige Beschäftigung ein Instrument, das von Arbeitgebern zur Senkung der Betriebskosten genutzt wird.
Demnach schlage das Modell keine Brücke zum regulären Arbeitsmarkt, sondern diene dazu „ mehrere Köpfe für eine identische Arbeitszeit zu verkaufen“. Während das Modell für Arbeitgeber eine objektive Flexibilitätsreserve darstellt, ebnet der Minijob den Arbeitnehmern den Weg in die Altersarmut. Zudem schwächt das Beschäftigungsmodell das österreichische Sozialsystem und begünstigt die Korruption.
Derzeit sind rund 2/3 aller geringfügig Beschäftigten in Österreich Frauen.